Darf man Olivenöl erhitzen? Welches Öl zu welchem Zweck?

Darf man Olivenöl erhitzen? Welches Öl zu welchem Zweck?

Darf man Olivenöl erhitzen?

Ich muss gestehen, meine lang vertretene Meinung war, Olivenöl nur kalt zu verwenden. Und zwar am besten in Bio-Qualität, nativ "Extra Vergin" kalt gepresst zu kaufen, nur für die kalte Küche zu verwenden bzw. nach dem Garprozess den Speisen zuzugeben.

Begründung: auch im Olivenöl entstehen Transfettsäuren beim Erhitzen. Zwar in geringerem Ausmaße als bei Ölen mit hochungesättigten Omega 3- und Omega 6-Fettsäuren (Leinöl, Hanföl), aber doch so viel, um relevant zu sein. 

Warum?
Weil Olivenöl einfach ungesättigte Fettsäuren enthält (70% Ölsäure).

Diese sind grundsätzlich hitze- und lichtstabiler bzw. resistenter gegen Oxidation als die mehrfach und hoch ungesättigten Fettsäuren, aber instabiler als gesättigte Fettsäuren (Kokosöl, Butterschmalz, Ghee, tierisches Schmalz). 


Trotz alledem entstehen beim Erhitzungsprozess auch im Olivenöl einige Transfettsäuren. Nach dem Motto: auch wenig Gift ist noch immer Gift - so meine bisherige Meinung.

Ein Kompromiss war die Empfehlung gewesen, eben ein billiges, also heiß gepresstes, nicht aus Erstpressung gewonnenes Olivenöl zum Braten und schwimmend Ausbacken zu verwenden. Tja, da sind dann wohl die Transfette schon in der Ölmühle entstanden…

Fazit: Olivenöl hatte ich bisher grundsätzlich nicht zum Erhitzen empfohlen.

Inspiriert vom Gesundheitsblogger Martin Auerswald haben mir dann mehrer Studien (z.B. *; **) eine erweitere Sichtweise eröffnet. In den Versuchsreihen wurden verschiedene Öle und Fette erhitzt und die Menge an Transfetten und anderen schädlichen Substanzen wie Epoxide oder Aldehyde etc. und die Rauchpunkte gemessen und verglichen.

Das erstaunliche Ergebnis:
Olivenöl, egal ob heiß- oder kaltgepresst bzw. nativ, kann hoch erhitzt werden und bleibt über einen längeren Zeitraum über stabil.

Warum ist Olivenöl so gesund?

Olivenöl enthält neben Vitamin E und ungesättigten Fettsäuren als einziges Öl die Substanzen Oleocanthal und Oleuropein, welche als Antioxidantien aktiv sind.

Was kommt am besten in den Salat oder in Aufstriche?

Ungünstig: Sonnenblumen- oder Maiskeimöl, Sojaöl haben ein ungünstiges Verhältnis von Omega 3- zu Omega 6-Fettsäuren. Empfehlenswert sind Leinöl, Leindotteröl, Hanföl oder Walnussöl mit einen hohen Gehalt an Omega-3-Fettsäuren. MCT-Öl bzw. Kürbiskernöl biologisch und mechanisch- bzw. kaltgepresst nimmt eine Mittelstellung ein, hat aber viele andere positive Eigenschaften.

Ich empfehle immer, die Öle im Salat zu mischen, um eine Synergie zu erreichen.

 

Ist Butter nun gesund oder ungesund?

Butter hat einen hohen Gehalt an Cholesterin und besteht fast nur aus gesättigten Fettsäuren, das ist grundsätzlich korrekt. Aber ca. 25% der Letzteren bilden so genannte MCT-Fette (mittel- und kurzkettige Fettsäuren). 

Fazit:
Butter dünn auf´s tägliche Brot oder auf´s Gemüse darf ohne schlechtes Gewissen genossen werden.



Was sind MCT-Fette?

MCT: Medium Chain Triglycerides - mittelkettige Triglyceride. 

Diese werden ernährungsphysiologisch positiv bewertet, da sie leichter verdaulich sind als längerkettige Fettsäuren. Sie werden im Dünndarm sofort resorbiert, ohne erst durch Gallensäuren umhüllt oder durch Pankreaslipase aufgespalten werden zu müssen. Dies ist eine geniale Eigenschaft, die allen Menschen mit exokriner Pankreasinsuffizienz und entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Chron oder Colitis Ulcerosa oder Reisdarmsyndrom oder SIBO (Small Investive Bacterial Overgrowth) zugute kommt.

Das Öl ist nur bis 150 °C hitzestabil, sodass es nur kalt konsumiert werden sollte. Außerdem die Zufuhr langsam über 1-2 Wochen täglich steigern (Start mit 1 Mokkalöfferl), sonst kann es zu Bauchschmerzen, Reflux, Übelkeit und Durchfällen kommen.

 

Ist Margarine gesund oder ungesund?

Minderwertige Margarine besteht aus gehärteten Pflanzenölen, wobei beim Herstellungsprozess früher ein hoher Gehalt an gesundheitsschädlichen Transfettsäuren entstand.
Durch moderne Produktionsverfahren konnte dieser Anteil stark reduziert werden.
Nachteil von Margarine: sie ist relativ stark industriell verarbeitet und weist den besagten mehr oder weniger hohen Prozentsatz an Transfettsäuren auf - mit ähnlichem Kaloriengehalt wie Butter.

Vorteil: Margarine enthält kein Cholesterin, sowenig wie alle anderen Pflanzenöle und -fette auch.

Sollten Sie dennoch lieber Margarine der naturbelasseneren Butter vorziehen, so greifen Sie zu ungehärteten Biomargarinen mit einem hohen Anteil an nativem kaltgepresstem Öl.

Margarine sollte nur kalt oder höchstens zum Backen von Kuchen verwendet werden, da sie grundsätzlich nicht hitzestabil ist.

 

Welche Fette sind denn nun wirklich zum Erhitzen geeignet?

Grundsätzlich geeignet zum gesunden, transfettfreien Braten sind Öle und Fette, die möglichst wenige oder praktisch keine ungesättigten, sondern nur gesättigte Fettsäuren enthalten.
Das sind Butter bzw. Butterschmalz (Ghee), SchweineschmalzPalmöl oder wie gesagt – Kokosöl.

Nachteile haben dennoch auch hier fast alle:
Butter hat einen niedrigen Rauchpunkt und kann nicht hoch erhitzt werden, bevor sie verbrennt. Butterschmalz, auch geklärte Butter genannt, ist hier besser, weil das Eiweiß abgeschöpft wurde.

Schweineschmalz ist nicht jedermanns Sache und hat obendrein viel Cholesterin, wäre aber grundsätzlich keine schlechte Alternative. Ebenso Rindertalg.
Palmöl und leider auch Kokosöl haben keinen besonders guten ökologischen Fußabdruck, werden in nicht-bio Qualität stark “gespritzt”, sind aber grundsätzlich ausgezeichnet zum Erhitzen geeignet.

Mit Einschränkung zum Erhitzen geeignet:

High-Oleic-Öle:  Spezialzüchtungen von Raps, Avocado, Sonnenblumen oder Disteln werden kalt gepresst, sind aber trotzdem über 200 Grad erhitzbar, ohne dass die Fettsäuren in Transfettsäuren umgewandelt werden (Wasserdampfbehandlung).

 

Raffinierte Pflanzenöle vertragen Temperaturen über 200°C, weil sie einen hohen Rauchpunkt haben und werden in der Industrie gebraucht. Leider enthalten aber kaum noch Nährstoffe und Aromen, sind also für den Hausgebrauch nicht empfehlenswert.

Die Temperatur und die Dauer machen den Unterschied

Wichtig: Achten Sie darauf, dass die Temperatur beim Erhitzen nicht höher ist als unbedingt nötig. Die Menge der schädlichen Hitzeprodukte im Öl erhöht sich mit dem Temperturanstieg.

  • Bei über 200 Grad entstehen in praktisch jedem Öl Schadstoffe, wie das giftige Aldehyd Acrolein z.B. (verursacht Augenbrennen, Halskratzen)
  • Das Gargut wird nicht schneller gar, je heißer das Fett ist. Z.B. Pommes frittieren nicht schneller, denn an der Oberfläche werden grundsätzlich nur ca. 100°C erreicht.
  • Temperaturmpfehlung des Max-Rubner-Instituts:
  • 130 bis 140 Grad zum Braten
  • 160 bis 170 Grad zum Frittieren


Bei geringen Temperaturen dürfen viel mehr verschiedene Öle verwendet werden, die auch ungesättigte Fettsäuren enthalten wie Rapsöl, Olivenöl, Avocadoöl, Erdnussöl und Sesamöl.

Der Rauchpunkt:

Ein Öl kann rauchen, ohne dass dabei schädliche Stoffe entstehen.

Der s.g. “Rauchpunkt” ist für jedes Öl bzw. Fett ein anderer und hängt von deren chemischen Zusammensetzung ab. Denn Rauch entsteht ab unterschiedlichen Temperaturen, wenn Wasser und Fettsäuren verdampfen. Das muss aber keine gesundheitlichen Nachteile haben.

Sobald der Rauch aber Augenbrennen und Halskratzen verursacht, ist dies ein Zeichen für die Entstehung von giftigem Acrolein und die Temperatur des Fettes ist eindeutig zu hoch.

Wie kann ich die Temperatur des Fettes in der Pfanne prüfen?

Hier gibt es die s.g. Kochlöffelprobe. Halten Sie das Ende eines Holzkochlöffels ins Fett. Wenn es brutzelt und leicht zischt, aber nicht raucht, dann ist die Temperatur gerade richtig und noch nicht zu hoch.

Wer’s genauer wissen will, nimmt ein Bratthermometer und taucht die Spitze ins heiße Fett.
Achtung vor heißen Fettspritzern!

Mein persönliches Fazit:

  • Bio-Kokosöl und Butterschmalz sind meine Favoriten beim Braten und schwimmend Ausbacken oder beim Einfetten meines Ofengemüses.
    Gehärtetes Kokosfett im Würfel (Ceres z.B.) ist mein Kompromiss, wenn nichts Besseres zur Verfügung steht.
  • Als 2. Wahl dafür habe ich nun auch das Olivenöl meinem Repertoire hinzugefügt.
  • Wenn ich schon Pflanzenöle mit ungesättigten Fettsäuren erhitzen muss, dann vorsichtig und bei möglichst niedrigen Temperaturen und so kurz wie möglich und das Fett nicht wiederholt verwenden.
  • Kalt für Salat, Aufstriche etc: Leinöl, Leindotteröl, Hanföl, Walnussöl, Olivenöl, Kürbiskernöl, MCT-Öl


Checkliste
:

Welche Fette und Öle sind wofür geeignet?
(Optimal wäre Bioqualität und ggf. kalt und mechanisch gepresst)

Zum Erhitzen:
Kochen, Braten, Frittieren, Grillen, Backen

  • Kokosöl 
  • Butterschmalz (stabil bis 170 °C)
  • Ghee
  • tierisches Schmalz
  • tierischer Talg
  • Palmöl
  • Olivenöl (ist stabil bis 180 °C)
  • Sesamöl (zum kurzen, scharfen Anbraten)
  • Raffiniertes Erdnussöl
  • Rapsöl (60 % Ölsäure ist daher ebenfalls relativ hitzebeständig)

Mit Einschränkung zum Erhitzen geeignet:

  • High-Oleic-Raps, High-Oleic-Avocado, High-Oleic-Sonnenblumenöl (sind stabil bis 210 °C)
  • Rapsöl hat mit 60 Prozent ebenfalls einen relativ hohen Gehalt an Ölsäure

 

Kalt verwenden:

  • natives Olivenöl
  • Kürbiskernöl
  • Schwarzkümmelöl
  • Hanföl
  • Leinöl
  • Leindotteröl
  • Algenöl
  • Fischöl
  • MCT-Öl
  • (Natives Erdnussöl,Maiskeimöl, Sojaöl, Diestelöl, Sonnenblumenöl, Rapsöl mit Einschränkung, da diese ein ungünstigeres Verhältnis von Omega 6 zu Omega 3 Fettsäuren enthalten als Leinöl oder Hanföl z.B.)

 

Welche Öle bzw. Fette verwenden Sie am liebsten?
Ich freue mich auf Ihre Diskussionsbeiträge.

Ihre

Dr.Veronika Königswieser

 

 

Quellen:

* https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/20678538/

* Die Eignung verschiedener handelsüblicher Olivenölsorten für das Frittieren im Haushalt wurde untersucht. Die Ölproben wurden alle 3 Stunden nach dem Frittieren entnommen und auf freie Säure, Peroxid- und p-Anisidinwerte, spezifische Extinktionskoeffizienten, oxidative Stabilität, Fettsäuren, Vitamin E, β-Carotin und Gesamtphenolgehalt untersucht, bis der Gesamtgehalt an Phenol den gesetzlichen Höchstwert (25 %) erreichte. Alle Olivenöle wurden länger erhitzt als die zum Vergleich herangezogene handelsübliche Pflanzenölmischung (von 24 bis 27 Stunden gegenüber 15 Stunden). Das native Olivenöl mit geschützter Herkunftsangabe (g.U.) zeichnete sich durch einen geringeren Oxidations- und Hydrolysegrad und einen höheren Gehalt an kleineren antioxidativen Verbindungen aus. ..... Die Ergebnisse zeigen auch, dass die chemische Zusammensetzung der Olivenöle, insbesondere der Gehalt an natürlichen Antioxidantien, wichtige Parameter für die Vorhersage des Verhaltens während des Erhitzens sind. Die Ergebnisse zeigen auch, dass die chemische Zusammensetzung der Olivenöle, insbesondere der Gehalt an natürlichen Antioxidantien, wichtige Parameter für die Vorhersage des Verhaltens während des Erhitzens sind, vor allem aber, dass Olivenöl unabhängig von der gewählten Handelsmarke eindeutig eine hohe Hitzebeständigkeit aufweist. (Übersetzt aus dem Englischen)

………….

** https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/35406103/

** Der Verzehr von Transfettsäuren (TFA) wird mit nachteiligen gesundheitlichen Folgen in Verbindung gebracht und stellt weltweit eine erhebliche Belastung für Morbidität und Mortalität dar. TFA können durch gängige Kochpraktiken erzeugt werden und somit zur täglichen Nahrungsaufnahme beitragen. Wir haben eine systematische Überprüfung und Metaanalyse durchgeführt, um den Zusammenhang zwischen dem Erhitzen von Speiseölen und der Veränderung ihres TFA-Gehalts zu untersuchen. Eine systematische Suche nach experimentellen Studien, die die Auswirkungen verschiedener Erhitzungsmethoden auf den TFA-Gehalt von Speiseölen untersuchten, wurde in Medline und Embase seit deren Einführung bis zum 1. Oktober 2020 ohne sprachliche Einschränkungen durchgeführt. Vergleichbare Daten wurden mit gemischten mehrstufigen linearen Modellen analysiert, die individuelle Studienvariationen berücksichtigten. Dreiunddreißig Studien, die einundzwanzig verschiedene Öle umfassten, wurden in diese Überprüfung einbezogen. Insgesamt hatte das Erhitzen auf Temperaturen <200 °C keinen nennenswerten Einfluss auf die verschiedenen TFA-Werte. Zwischen 200 und 240 °C stiegen die Gehalte an C18:2t (0,05 % Anstieg pro 10 °C Temperaturerhöhung, 95 % CI: 0,02 bis 0,05 %), C18:3t (0,18 %, 95 % CI: 0,14 bis 0,21 %) und Gesamt-TFA (0,38 %, 95 % CI: 0,20 bis 0,55 %) mit der Temperatur. Ein weiterer Anstieg der Gesamt-TFA wurde bei längerem Erhitzen zwischen 200 und 240 °C beobachtet. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Erhitzen von Speiseölen auf übliche Kochtemperaturen (≤200 °C) minimale Auswirkungen auf die TFA-Bildung hat, während das Erhitzen auf höhere Temperaturen den TFA-Gehalt erhöhen kann. Dies ist ein weiterer Beleg für die gesundheitspolitischen Empfehlungen, wonach das Erhitzen von Ölen auf sehr hohe Temperaturen und längeres Erhitzen von Ölen vermieden werden sollte.

https://www.ugb.de/lebensmittel-zubereitung/welches-fett-wofuer/

https://schnelleinfachgesund.de/darf-olivenoel-erhitzt-werden/


© Dr. Veronika Königswieser