Hohe Cholesterin-Werte sind meist kein Grund, gleich zu Medikamenten zu greifen. Denn die Blutfett-Werte lassen sich durch die Ernährung zum Glück stark beeinflussen. Wie insgesamt beim Thema Cholesterin haben sich die Empfehlungen der Gesundheitsexperten auch hier mehrere Male geändert. Was hilft also wirklich?
Beim Thema Cholesterin und Ernährung zeigt sich besonders deutlich, dass einfache Erklärungen nicht immer die besten sind – und auch, wie stark alles in unserem Körper miteinander zusammenhängt. Wenn das Cholesterin zu hoch ist, so dachte man früher, dann muss man eben weniger Cholesterin essen – entsprechend lautete die Empfehlung über Jahre hinweg, möglichst cholesterinarm zu essen.
Heute ist klar, dass diese Empfehlung völliger Unsinn war: Das Cholesterin aus unserer Nahrung beeinflusst den Cholesterin-Spiegel nur zu einem geringen Prozentsatz – denn den größten Teil des Cholesterins produziert der Körper selbst. Mittlerweile haben darum weltweit fast alle führenden Gesundheitsorganisationen die Warnungen vor zu viel Nahrungscholesterin aus ihren Empfehlungen entfernt.
Die nächste Empfehlung lautete, möglichst fettarm zu essen, was uns eine nicht endende Flut an „fettarmen“ und „fettreduzierten“ Produkten beschert hat. Auch diese Empfehlung hat sich aber als höchstens halb wahr herausgestellt, besonders vor dem Hintergrund, dass die Zahl der Übergewichtigen trotz sinkender Fettaufnahme immer weiter ansteigt.
Neuere Studien haben nun sogar gezeigt, dass die Lebenserwartung mit zunehmendem Fettverzehr nicht sinkt, sondern sogar leicht steigt.[1]
Ein neuer Ansatz, der oft als „Low Carb“ (sprich: „wenig Kohlenhydrate“) bezeichnet wird, propagiert darum nun wieder eine ganz andere Sichtweise: Es sind die Kohlenhydrate, nicht die Fette, welche an der Epidemie von Übergewicht, steigenden Cholesterin-Spiegeln und Diabetes schuld sind und zu einem frühzeitigen Tode führen.
Entsprechend verwirrend ist derzeit die Lage: Was denn nun – „#low Fat“ oder „Low Carb“?
Neuere Studien zeigen, dass die Wahrheit hier – wie so oft – in der Mitte liegt. Metaanalysen vergleichender Studien konnten folgende Effekte feststellen[2–13]:
Low Fat – High Carb | Low Carb – High Fat | |
Gesamt Cholesterin | sinkt | steigt leicht |
Triglyceride | steigt | sinken |
HDL | sinkt | steigt |
LDL | sinkt | steigt leicht |
LDL/HDL-Ratio | unverändert | verbessert sich |
Gesamt Cholesterin/HDL Ratio | verschlechtert sich | verbessert sich |
Triglyceride/HDL | verschlechtert sich | verbessert sich |
ApoB/ApoA | verschlechtert sich | verbessert sich |
LDL-Größe | verschlechtert sich | verbessert sich |
Wie die Tabelle zeigt, hat eine übermäßige Aufnahme von Kohlenhydraten die schlimmsten Auswirkungen auf die Blutfett-Werte. Zwar steigt das Cholesterin insgesamt unter einer fettreichen Kost stärker an, aber davon sind alle Formen von Cholesterin gleichermaßen betroffen und die gesundheitsrelevanten Verhältnisse verbessern sich sogar.
Trotzdem hat keine der beiden Diäten hat durchweg positive Auswirkungen: Während sich einige Blutwerte verbessern, verschlechtern sich andere. Beide Ansätze sind also nur die halbe Wahrheit und die Crux liegt auch hier mal wieder im Detail: Entscheidend ist nicht irgendeine extreme Diät, sondern vor allem die Qualität der Fette und Kohlenhydrate.
So kommen heute immer mehr Forscher zu dem Schluss, dass die folgenden vier Punkte, die eigentlich entscheidenden sind:
Sehen wir uns alle diese Punkte also etwas genauer an, damit wir die Zusammenhänge besser verstehen.
Übergewicht ist ein wesentlicher Faktor für unsere Blutfettwerte, denn es verändert die Art, wie der Körper Fette verstoffwechselt und den Cholesterin-Haushalt reguliert.[14–17] Unter Übergewicht produziert der Körper insgesamt mehr Cholesterin, kann überschüssiges LDL-Cholesterin nicht mehr normal abbauen und HDL nicht mehr wie gewohnt produzieren. Über die Zeit verschlechtern sich dadurch alle Aspekte des Lipidprofils.
Anhaltendes Übergewicht kann zudem zum sogenannten metabolischen Syndrom führen, welches neben Bluthochdruck, Insulinresistenz bzw. Diabetes Typ II durch eine deutliche Verschlechterung des Lipidprofils gekennzeichnet ist.
Übergewicht abzubauen, ist darum eine der wichtigsten Maßnahmen zur Normalisierung der Cholesterin-Werte und kann eine dramatische Verbesserung mit sich bringen.[18, 19]
Wie man am besten abnimmt, ist aber schon wieder eine Diskussion, in der sich völlig verschiedene Ansätze spinnefeind gegenüber stehen. Unstrittig dürfte aber wohl sein: Die richtige Art von Bewegung zur richtigen Zeit und eine Senkung der Gesamt-Energiezufuhr durch eine gesunde, ausgewogene Ernährung sind die wichtigsten Eckpunkte zum Gewichtsverlust. Hierzu an anderer Stelle oder im persönlichen Gespräch mehr, da diese Diskussion hier den Rahmen sprengen würde.
Kommen wir zum nächsten Punkt.
Wie oben schon angedeutet, greift die Empfehlung, fettarm zu essen, um das Cholesterin zu senken, viel zu kurz. Denn Fett ist nicht gleich Fett und eine insgesamt fettarme Ernährung kann sogar gesundheitsschädlich sein: Eine mangelnde Aufnahme von fettlöslichen Vitaminen, Schäden an den Membranen von Zellen und Mitochondrien und ein gestörter Hormonhaushalt sind nur einige der möglichen Folgen.
Studien konnten zudem zeigen, dass die Verbesserung der Blutfettwerte viel ausgeprägter ist, wenn gesättigte durch ungesättigte Fette ersetzt werden, als wenn Fette insgesamt reduziert werden.[8, 20–22] Nicht die Menge, sondern vor allem die Qualität der Fette ist also entscheidend.
Was aber sind gesunde Fette? Fette lassen sich zunächst einmal in die folgenden groben Klassen einteilen:
Gesättigte Fettsäuren liefern zwar viel Energie, wirken sich aber leicht negativ auf den Blutfett-Spiegel aus und sollten nur in Maßen konsumiert werden. Nur maximal ein Drittel der insgesamt konsumierten Fette sollte aus solchen gesättigten Fettsäuren bestehen. Lange Zeit wurden gesättigte Fettsäuren fast so verteufelt wie ehemals das Cholesterin, neuere Forschung relativiert diese Ansicht nun wieder – auch gesättigte Fettsäuren sind wichtig, aber das Verhältnis muss stimmen.
Iss gesättigte Fette in Maßen und aus wertvollen Quellen (Bio-Fleisch, Bio-Kokosöl zum Anbraten, Avocados, Butter, gesäuerte Milchprodukte)!
Gesättigte Fettsäuren finden sich aber auch in allen pflanzlichen Ölen. Es ist darum wichtig, Öle mit einem guten Verhältnis von gesättigten und ungesättigten Fettsäuren auszuwählen.
Ungesättigte Fettsäuren haben wichtige Aufgaben im Körper und die mehrfach ungesättigten Fettsäuren sind zum Teil sogar essentiell: Der Körper kann sie nicht selbst herstellen und ist zur Gesunderhaltung auf eine regelmäßige Zufuhr angewiesen.
Transfette hingegen zählen zwar ebenfalls zu den ungesättigten Fettsäuren, haben von allen Fetten aber die vielleicht negativsten Auswirkungen auf die Gesundheit und sollten möglichst gemieden werden. Sie finden sich in Milchprodukten, in allen industriell gehärteten Fetten, in Margarine, Frittierfett, Fertiggerichten, Keksen und Kuchen und sie entstehen in großen Mengen beim Braten mit dafür ungeeigneten Ölen.
Zu den mehrfach ungesättigten Fettsäuren zählen besonders die Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren, die von großer gesundheitlicher Bedeutung sind. Sie sollten fester Bestandteil jeder ausgewogenen Ernährung sein und finden sich vor allem in hochwertigen Pflanzenölen, aber auch in Fisch.
Und um es noch etwas komplizierter zu machen, ist auch hier wieder das Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3 wichtig: Es sollte möglichst 5:1 betragen.
Die Empfehlungen für die Fettzufuhr lauten zusammengefasst also:
Zum Braten: Avocadoöl, Kokosöl, Ghee
Für den Salat: Olivenöl, Hanföl, Leinöl, Distelöl, Rapsöl, Walnussöl, Sojaöl, Weizenkeimöl
Weitere gute Fettquellen: Avocado, Nüsse, fetter Seefisch, Algenöl
Diese Fette sollten nach Möglichkeit gemischt werden, da sie alle jeweils verschiedenen Fettsäuren liefern und keines von ihnen alleine das perfekte Verhältnis liefern kann.
Meiden: Margarine, raffinierte Pflanzenöle
Diejenigen Fettsäuren, die bei den meisten Menschen viel zu kurz kommen, sind die Omega-3-Fettsäuren. Und auch hier steckt der Teufel ein weiteres Mal im Detail. Denn pflanzliche Quellen wie Leinöl enthalten andere Omea-3-Fettsäuren als tierische Quellen (wie zum Beispiel Fisch und bestimmte Algen).
Die für den Körper wichtigsten Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA kommen nur in Algen und Fisch direkt vor, während sie in den meisten pflanzlichen Ölen kaum zu finden sind. Neuere Studien zeigen, dass die pflanzlichen Lebensmitteln hauptsächlich vorkommende Omega-3-Fettsäure, die alpha-Linolensäure bei einem Überangebot an Omega-6-Säuren nur bedingt gut verstoffwechselt werden kann, um daraus die besonders wichtigen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA zu bilden[23, 24].
Besonders für Vegetarier und Veganer kann es darum in der Tat sinnvoll sein, DHA aus Algen zu ergänzen. Aber auch viele andere Menschen haben ein Defizit dieser Fettsäuren, so dass DHA ein sehr sinnvolles Supplement (Nahrungsergänzungsmittel) ist.
So sehr sich verschiedene Ernährungsexperten auch in vielen Punkten uneinig sind – eine Empfehlung findet sich in eigentlich allen „Glaubensrichtungen“ wieder: viel frisches Obst und Gemüse.
Viel bedeutet dabei:
Obst und Gemüse haben dabei gleich eine mehrfache Wirkung auf den Cholesterinspiegel
Frische pflanzliche Nahrung leistet auf diese Weise einen enormen Beitrag zur Normalisierung des Cholesterin-Spiegels, der nicht unterschätzt werden sollte.
Ähnlich wie bei den Fetten konnte auch bei den Kohlenhydraten gezeigt werden, dass es nicht nur auf die Menge, sondern auch auf die Qualität der Kohlenhydrate ankommt. Ersetzt man die Kohlenhydrate in der Ernährung durch solche mit einem niedrigen glykämischen Index – also einem geringeren Anstieg des Blutzuckerspiegels – zeigen sich möglicherweise ähnlich positive Auswirkungen wie bei einer Low-Carb-Diät.[27–29]
Die gleiche Menge Kohlenhydrate aus einem Cola-Getränk ist also in der Wirkung nicht identisch zu den Kohlenhydraten aus Gemüse und Obst. Denn auch hier gibt es wieder verschiedene Arten von Zucker:
Gemüse, Obst und Vollkorngetreide enthalten vorwiegend Komplexzucker und sind – besonders durch die Kombination mit den enthaltenen Ballaststoffen – hervorragende Quellen für gesunde Kohlenhydrate.
Gemieden werden sollten hingegen Softdrinks, Süßigkeiten, Fertiggerichte (häufig versteckter Zucker) und Fast-Food, die alle übermäßig große Mengen an Zucker zuführen.
Negative Auswirkungen haben auch alkoholische Getränke, da sie zu einem starken Anstieg der Triglyceride führen und den Körper mit „leeren Kalorien“ belasten. Bei erhöhten Triglycerid-Werten sollte auch Alkohol darum möglichst gemieden werden.
Und so löst sich das Mysterium der widersprüchlichen Empfehlungen bei näherem Hinsehen auf: Es ist überall etwas Wahres dran. Und wie meistens, gibt es auch hier wieder keinen Grund für extreme Diäten, sondern die Antwort bleibt eine ausgewogene, gesunde Ernährung.
Folgende Tabelle fasst noch einmal zusammen, was bei verschiedenen Blutwerten zu tun ist:
Befund | Maßnahme |
Gesamt-Cholesterin viel zu hoch | Weniger Transfette und gesättigte Fettsäuren |
LDL viel zu hoch | Weniger Transfette und gesättigte Fettsäuren |
Triglyceride hoch | Weniger Kohlenhydrate, weniger Einfachzucker, kein Alkohol |
LDL/HDL-Ratio zu hoch | Weniger Kohlenhydrate, weniger Einfachzucker, kein Alkohol |
LDL-Partikel klein | Weniger Kohlenhydrate, weniger Einfachzucker, kein Alkohol |
Eine gesunde, ausgewogene Ernährung ist dabei der Ratschlag, der immer gilt.
Der Fettstoffwechsel ist von zahlreichen Nährstoffen abhängig, zusätzlich zu einer Ernährungsumstellung können verschiedene Vitamine und Mineralien darum helfen, die Blutfett-Werte zu normalisieren.
Nährstoff | Wirkung |
Omega-3 DHA | Senkt Triglyceride, schützt LDL vor Oxidation[30, 30, 31] |
Vitamin B3 (Niacin) | Senkt LDL, erhöht HDL, senkt Triglyceride[32] |
Vitamin E | Schützt LDL vor Oxidation [33] |
Knoblauch-Extrakt | Senkt Gesamt-Cholesterin und LDL [34] |
Coenzym Q-10 | Schützt LDL vor Oxidation [35] |
OPC (Traubenkernextrakt) | Verhindert Cholesterin-Aufnahme der Zellwände, schützt LDL vor Oxidation. [36, 37] |
Artischoken-Extrakt | Erhöht HDL, senkt LDL [38, 39] |
Pantethin | Senkt LDL [40] |
Wichtig:
Verfalle nicht dem Irrtum zu glauben, dass diese Nahrungsergänzungsmittel einfach eingenommen werden müssen und dann würde der Cholesterinspiegel schon sinken, auch wenn du einfach weiter isst wie bisher. Nahrungsergänzungsmittel können niemals eine falsche Ernährung ausgleichen. Optimal für ein gesundes Blutfettprofil ist die Kombination einer basenüberschüssigen, ballaststoffreichen Ernährung, die reich an gesunden Fetten ist, mit der Einnahme der unterstützenden Supplemente – und natürlich Bewegung …
Aber davon mehr in einem anderen Blogartikel.
Quellen:
Weitere Blogbeiträge:
© Dr. Veronika Königswieser